Vom Netz zur Nachhaltigkeit
Die Geschichte der Berufsfischerei in der Schweiz
Die Fischerei gehört zu den ältesten Handwerken des Landes. Lange bevor es Maschinen, Motorboote oder Fischzuchten gab, zogen Fischer in einfachen Holznachen auf die Schweizer Seen hinaus – mit Muskelkraft, Erfahrung und Gespür für Wind und Wasser. Auch am Zürichsee, wo heute Samuel Weidmann seiner Arbeit nachgeht, wurde schon vor Jahrhunderten gefischt. Die ältesten Spuren reichen bis in die Pfahlbauzeit zurück: Netze aus Pflanzenfasern, Steinhaken und primitive Reusen belegen, dass Fischerei schon damals ein wichtiger Teil der Ernährung war.
Vom Broterwerb zur Berufung
Im Mittelalter gehörte Fisch zum festen Speiseplan – vor allem an Fastentagen. Klöster wie Einsiedeln oder Rheinau besassen eigene Fischrechte, und Fischer mussten Abgaben leisten, um ihre Netze überhaupt auswerfen zu dürfen. Die Fangrechte waren oft an Familien oder Gemeinden gebunden – und wurden weitervererbt. So entstanden die ersten Fischer-Dynastien, wie sie in Teilen der Schweiz bis heute bestehen. Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert veränderte sich vieles: Motorisierte Boote, neue Netze und später auch Echolote erleichterten den Fang, während die Nachfrage in den Städten stieg. Der Fisch wurde zur Handelsware – und Berufsfischerei zum anerkannten Beruf.
Zwischen Überfischung und Verantwortung
Doch die Geschichte der Fischerei ist auch eine Geschichte der Balance. In den 1950er- und 1960er-Jahren führten Abwasser, Düngemittel und Überfischung zu massiven Einbrüchen der Bestände. Seen wie der Zürichsee oder der Bodensee kämpften mit Algenblüten und Sauerstoffmangel. Ab den 1970er-Jahren begann ein Umdenken: Abwasserreinigung, Fangbeschränkungen und Schutzprogramme wurden eingeführt. Die Berufsfischer mussten sich neu orientieren – vom Maximieren zum Erhalten. Heute steht die Schweizer Fischerei für Qualität statt Quantität. Nachhaltige Fangmethoden, kurze Wege, Transparenz und Tierwohl bestimmen den Alltag.
Die Berufsfischerei heute
Rund 250 Berufsfischerinnen und Berufsfischer sind heute in der Schweiz aktiv – verteilt über Seen wie den Zürichsee, Vierwaldstättersee, Thunersee, Bodensee und Neuenburgersee. Ihre Arbeit ist geprägt von Frühmorgenschichten, Witterung, Bürokratie – und Leidenschaft.
Berufsfischer wie Samuel Weidmann kombinieren Tradition mit moderner Technik: GPS-Ortsbestimmung, digitale Fangstatistiken und Nachhaltigkeitszertifikate gehören heute genauso dazu wie die alten Handgriffe mit Netz und Messer.
Mehr als ein Beruf
Berufsfischerei ist heute kein Massenhandwerk mehr, sondern eine bewusste Entscheidung für Qualität, Nachhaltigkeit und regionale Ernährung. Jeder Fang erzählt eine Geschichte – von Generationen, die auf dem See gelebt und gearbeitet haben, und von Menschen, die auch heute noch Verantwortung für diesen Lebensraum übernehmen.
Denn Fischerei ist nicht nur Nahrung. Sie ist Kultur, Identität und gelebte Verbindung zwischen Mensch und Natur.
Samuel Weidmann steht in dieser langen Tradition – als Berufsfischer am Zürichsee, der täglich zeigt, dass Handwerk, Verantwortung und Leidenschaft auch in einer modernen Welt zusammengehören.